Das Gayatri Mantra

 OM   BHUR BHUVAH SVAH
TAT SAVITUR VARENYAM
BHARGO DEVASYA DHEEMAHE
DHIYO YO NAH PRACHODAYAT

OM in allen drei Welten, irdische, astrale, himmlische
Mögen wir meditieren auf den Schein der
göttlichen Sonne
die uns alle erleuchtet
Möge das
goldene Licht unser Verstehen nähren und führen
auf unser Reise zu dem heiligen Ort.
Zusammengefasst können wir dieses Mantra als Bitte um Erleuchtung verstehen. Wie das Licht der Sonne die Dunkelheit vertreibt, möge das göttliche Licht unser Bewusstsein von Verblendung
reinigen.

Das Gayatri Mantra gilt als „Veda Mata“, das bedeutet Mutter der Veden und nimmt damit einen einzigartigen Rang ein. Es wird als „Shabda Brahman“ bezeichnet, d.h., dass die Schwingung dieses Mantras alldurchdringend seien, wie Brahman selbst. Die Verbindung zu Aussagen in der Bibel über das
Wort ist unübersehbar und überdeutlich wird die tiefe Verwandtschaft dieser ursprünglichen Religionen miteinander. Es mag zwar fremdartig erscheinen, wenn Europäer Hindu-Mantren rezitieren und Hindu-Riten praktizieren. Ein solcher Standpunkt übersieht jedoch, dass es so etwas wie ein religiöses Welterbe gibt, erwachsen aus gemeinsamen Wurzeln – und welche Verarmung es bedeutete, sich ausschließlich auf die späten Früchte des eigenen Astes (ich meine damit u.a. den heutigen europäischen Katholizismus oder Protestantismus) beziehen zu sollen.

Die Invokation

Wir können das Ritual mit einer berührenden Anrufung der drei Welten beginnen:

OM BHUR SVAHA, AGNAYE IDAM NA MAMA
OM BHUVA SVAHA, VAYVE IDAM NA MAMA
OM SVAH SVAHA, SURYAYA IDAM NA MAMA
OM BHUR, BHUVA, SVAH SVAHA, PRAJAPATAJE IDAM NA MAMA

Durch dieses Mantra werden die drei Bereiche des Manifesten (materialisierte Formen: „Bhur“ oder Erde), des Astralen (energetische Formen: Bhuvah oder Zwischenreich), und des Potenziellen (reine Energie: „Svah“ oder Himmel) angesprochen, bewusst gemacht und gereinigt.

Das Abschluss-Mantra

Das „Unsterblichkeits“-Mantra beendet üblicherweise das Ritual:

OM TRYAMBAKAM YAJAMAHE
SUGANDHIM PUSHTIVARDHANAM
URVAARUKAMIVA BANDHANAAN
MRITYORMUKSHIYA MAAMRITAAT

Der Dreiäugige Shiva (und der damit in alle drei Welten hineinsieht) wird angerufen, um Überwindung des Todes und Unsterblichkeit zu gewähren. Und um dies sozusagen zu bestätigen, kann als allerletzte Formel angefügt werden:

OM RING NAMAH SHIVAYA

Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort
                                                                                                                                           (Johannes 1., Vers 1).

Mit diesen Worten bezeugt die Bibel die ursprüngliche Macht des Klanges. Schon Alltagsworte erweisen sich mitunter als so mächtig, dass man deren Wirkung, einmal ausgesprochen, nicht mehr kontrollieren kann. Und häufig ist es die mit den Worten verbundene emotionale oder sonstige Energie, die diese unumkehrbare Wirkung entfaltet. So geht es beim Klang letztlich um Energie, die der Mensch vermittels des Wortes bzw. des Gesangs oder Musik bewusst gestalten und richten kann. Im Falle von Agnihotra werden dazu Keimsilben und besonders Mantren benutzt:

Was man beim Praktizieren von Agnihotra über Mantren wissen sollte:

Das Bibelzitat oben bezeugt den magischen Aspekt des Wortes. So werden Mantren ganz besondere Wirkungen zugesprochen: Schutz des Geistes, Heilung, Glück, Erleuchtung etc. Im Grunde handelt es sich jedoch einfach um Worte, deren Bedeutung, Schwingung und Kraftaufladung noch eine ursprüngliche Einheit bilden. Hinzu treten muss allerdings ein bewusster Gebrauch durch den Menschen, mithin Bewusstsein. In vielen Gesellschaften gibt es zahllose Beispiele für den (unbewussten) profanen und gleichzeitig (bewussten) magischen oder rituellen Gebrauch von Worten. Z.B. in Hinduismus, Islam und Buddhismus, aber auch hier zu Lande, unterliegen viele Worte einerseits dem Alttagsgebrauch z.B. als Eigennamen („Michael“), bedeuten aber andererseits Gottheiten oder göttliche Qualitäten bzw. Wesenheiten (“Erzengel Michael”), die in Gebeten und Anrufungen als allerhöchst und heilig gelten. Hierzu gibt es vier Schlüssel:
Der
erste Schlüssel ist die Zeitqualität: Die Mantren entsprechen den Schwingungen, die zu den entsprechenden Zeiten in der Natur herrschen und verstärken sie dadurch.
Der
zweite Schlüssel sind die Elemente und Reiche: U.a. „Agni“ das Feuer, genauer: Gott als das Feuer; „Surya“, die Sonne, genauer: Gott als die Sonne, „Vayve“, Luft, genauer: Gott als die Luft bzw. Wind etc, sowie die drei Bereiche des Manifesten (materialisierte Form: „Bhur“ oder Erde), des Astralen (energetische Formen: Bhuvah oder Zwischenreich), und des Potenziellen (reine Energie: „Svah“ oder Himmel). Fügt man weitere Mantren hinzu, z.B. das „Om Namah Shivaya“, so stellt man sich und die Zeremonie in das Einheitsbewusstsein.
Der
dritte Schlüssel ist das bereits genannte Idam Na Mama“, d.h. die konsequente Rücknahme eigener Absichten und Motive.
Der
vierte Schlüssel schließlich ist die eigene Präsenz. Das Bewusstsein sollte unabgelenkt dem Sinn der Mantren folgen. Bei „Bhur“ z.B. hieße das, für einen kurzen Moment die Verbindung zur materiellen Schöpfung zu verspüren, bei „Agnaye“ die Flamme als Gott wahrzunehmen etc. Das bedeutet auch, dass man die Mantren entsprechend langsam und bedacht spricht bzw. singt. Keine leichte, aber eine sehr lohnende Übung.

aus: http://www.gerhard-kissel.de/html/agnihotra.html

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